Was ist...

...Community Music?

Community Music ist eine musikalische Praxis, die in verschiedene Bereiche der Musikpädagogik hineinreicht (EMP, Rhythmik, Instrumentalpädagogik, Schulmusikpädagogik) und angrenzend zu  den Feldern Sozialer Arbeit, Soziokultur, Musiktherapie verortet ist. Sie stammt ursprünglich aus Großbritannien, wo sie sich etwa seit den 70'er Jahren als unabhängige Praxis entwickelte.

Community music ist von bestimmten typischen Arbeitsweisen und Grundprinzipien gekennzeichnet. Der musikalische und soziale Prozess sind gleichermaßen wichtig.

Zu den Grundprinzipien gehören u.a. Sicherheit, Kreativität, Inklusion, Augenhöhe und Qualität. Ein wichtiges Anliegen ist die Idee von kultureller Demokratie: Verschiedene Musiksprachen und Genres werden als gleichberechtigte Arten eines kulturellen Ausdrucks gesehen und die Ermöglichung eines eigenen Ausdrucks gefördert.

Die Ansätze der Community Music sind ausgerichtet auf kreative Gruppenprozesse und es wird häufig mit Improvisation, Songwriting, Gruppenkomposition und kreativem Arrangieren gearbeitet. Ziel eines Community Musicians ist es typischerweise, als "Gastgeber" - als Facilitator -  einen musikalischen Raum zu öffnen, in dem Menschen gemeinsam und kollaborativ einen musikalischen Ausdruck finden und entwickeln. Häufig arbeitet Community Music mit der Idee von "Empowerment": sie will Menschen darin unterstützen, für sich und ihre Anliegen einen künstlerischen Ausdruck und eine musikalische Stimme zu entwickeln.

Mehr Informationen: https://miz.org/de/beitraege/community-music

Vernetzen: https://communitymusicnetzwerk.de/


...ein Facilitator?

 Innerhalb der Community Music sprechen wir gerne von Facilitator anstatt von "Workshopleiter" oder "Lehrperson". Da Community Music ursprünglich aus der informellen Bildung kommt und nach wie vor häufig an Orten abseits von Schule, Musikschule und Konzerthaus stattfindet, geht es meist nicht darum, einen bestimmten Lehrplan oder eine Lehrabsicht umzusetzen. Facilitation heißt "Ermöglichung" (von lat. facilis, leicht). Dieses Wort entspricht der Idee vom Community Musician als Gastgeber - als jemandem, der zum gemeinsamen Musizieren einlädt und auf Augenhöhe dafür sorgt, dass die Ideen der Anwesenden einfließen können.

 


...ein "safe space"?

Für mich kann kreatives Arbeiten nur dann wirklich beginnen, wenn ich mich sicher fühle. Die Idee im Feld Community Music ist, dass es einen sicheren Raum braucht, um unsichere Dinge zu probieren - also beispielsweise musikalisch auf eine Weise aktiv zu werden, wie ich es mir bislang nicht zugetraut habe. Dabei geht es nicht darum, ob ich objektiv sicher bin (von außen betrachtet und rational abwägbar), sondern ob ich dies subjektiv so erlebe. Die Erkenntnisse der Polyvagal-Theorie bestätigen diese Grundannahme. Menschen haben aufgrund ihrer individuellen Geschichte unterschiedlich ausgeprägte Möglichkeiten, sich in Gegenwart von anderen (fremden) Menschen sicher zu fühlen. Dies lässt sich nicht direkt verändern. Allerdings habe ich als Facilitator durch mein Verhalten enormen Einfluss darauf, wie sicher sich der Raum im Allgemeinen anfühlt - und ob überhaupt eine Möglichkeit besteht, sich zu öffnen und zu vertrauen.

 

Zu dem Verhalten, das einen sicheren Raum überhaupt erst möglich macht, gehört unter anderem:

  • Eigenes Sicherheitsgefühl des Facilitators: wenn dieser sich selbst sicher fühlt und Ruhe und Entspannung ausstrahlt, so strahlt dies auf die Gruppe aus. Unsere Spiegelneuronen empfangen diese Botschaft sofort.
  • Eigenes Verhalten in Mimik, Körpersprache, verbaler Äußerung und Prosodie (Spachmelodie und Tempo): Wir können Menschen das Gefühl geben, willkommen zu sein und keine Abwertungen oder Bloßstellungen befürchten zu müssen. Dies überträgt sich in allen Dimensionen.
  • Authentizität: wenn es eine Kohärenz zwischen meinen Äußerungen und meinem Sein gibt (wie ich bin, was ich ausstrahle), dann können Menschen mir vertrauen. Vertrauen schafft Sicherheit.
  • Fehlerkultur: ein authentisches Willkommen-Heißen von Fehlern bzw. eine Offenheit für das Experiment. Das gilt auch in Bezug auf die eigenen Fehlbarkeiten...
  • Orientierung schaffen: wenn Menschen wissen, womit sie rechnen können, was sie zu erwarten haben, entspannt das - sowohl zeitlich, räumlich als auch inhaltlich.
  • Raumordnung: wenn der Raum übersichtlich ist oder gut wahrgenommen werden kann (durch gemeinsames Erkunden mit den Augen oder dem Körper), hilft das dem Nervensystem, hohe Wachsamkeit ein wenig loszulassen.

Insgesamt ist die Fähigkeit, einen sicheren Raum aufzubauen, für mich die Grundlage für jede Art von gutem gemeinsamen Prozess. Diese Fähigkeit aufzubauen braucht Zeit, Offenheit und tiefe Reflektion - ein Prozess, der sich lohnt!